Carte blanche - Etwas Riesiges geschafft

Etwas Rie­si­ges geschafft

Gut Ding will Weile haben. Ob durch ein Amt invol­viert oder als inter­es­sierte Ein­woh­ne­rin­nen oder Ein­woh­ner: Wer in der Poli­tik unter­wegs ist, kommt kaum umhin, frü­her oder spä­ter auf die­ses Sprich­wort zu ver­wei­sen. Sei es als Mut­ma­cher vor oder in einem lang­wie­ri­gen Lösungs­fin­dungs­pro­zess. Oder als State­ment, dass sich der viele Auf­wand für die gefun­dene Lösung gelohnt hat. Schliess­lich for­mu­liert das Sprich­wort eine alte Volks­weis­heit. Viele Dinge müs­sen rei­fen, brau­chen Zeit und Musse, um gut zu wer­den. Doch nicht immer ist diese Ein­sicht oder die Geduld vor­han­den. Nicht sel­ten hört man gebets­müh­len­ar­tig, dass die Gesetz­müh­len (zu) lang­sam mah­len. Das haben wohl einige in Ver­ei­nen Enga­gierte auch schon erfah­ren. Zum Bei­spiel beim Aus­ar­bei­ten von Sta­tu­ten oder Orga­ni­sie­ren eines Anlas­ses. Auch ich muss in mei­nen ver­schie­de­nen Rol­len immer wie­der viel Geduld, Weit- und Zuver­sicht auf­brin­gen, um bei der Umset­zung eines Anlie­gens nicht mit­ten­drin des­il­lu­sio­niert oder frus­triert auf­zu­ge­ben.
Einen über zehn­jäh­ri­gen Bogen von Initia­li­sie­rung bis Umset­zung erleb(t)e ich haut­nah in der Kir­chen­po­li­tik. Seit 2017 bin ich Prä­si­den­tin der Syn­ode, dem kan­to­na­len Kir­chen­par­la­ment der evangelisch-reformierten Kir­che Basel­land (ERKBL). Die­sen Juni kon­sta­tierte ich nach der ein­stim­mi­gen Abseg­nung der neuen Personal- und Besol­dungs­ord­nung (PBO) erfreut: «Wir haben noch ein­mal etwas Rie­si­ges geschafft». Als ich 2013 Syn­odale wurde, hat­ten wir die Durch­füh­rung einer Visi­ta­tion aus­ge­löst. Nach stan­dar­di­sier­ten Aus­tau­schen mit allen Kirch­ge­mein­den fasste ein Visi­ta­ti­ons­be­richt Fest­stel­lun­gen und Emp­feh­lun­gen zur wei­te­ren kirch­li­chen Ent­wick­lung zusam­men. Unter ande­rem gab dies Anstoss zur Über­ar­bei­tung der gesam­ten Geset­zes­grund­la­gen. In der Folge erhielt die ERKBL eine neue Ver­fas­sung, sowie unter­ge­ord­net Kir­chen­ord­nung, Finanz­ord­nung sowie PBO. Nach­fol­gende Dekrete und Regle­mente füh­ren bei Bedarf über­ge­ord­net fest­ge­legte Punkte noch exak­ter und für den geleb­ten All­tag ver­ständ­lich aus. Schliess­lich sol­len die gesetz­li­chen Struk­tu­ren ein geord­ne­tes und fried­vol­les Zusam­men­le­ben unter­stüt­zen.
Für eine Ände­run­gen konnte ich die Brü­cke von der kirch­li­chen zur welt­li­chen Poli­tik schla­gen. Denn die Kir­chen­ver­fas­sung als obers­tes Regel­werk der ERKBL unter­steht wie­derum dem kan­to­na­len Kir­chen­ge­setz. Die­ses ver­langte in einem Pas­sus die nament­li­che Auf­lis­tung aller Kirch­ge­mein­den in den jewei­li­gen Ver­fas­sun­gen ihrer Kan­to­nal­kir­chen. Neu­grün­dun­gen und Auf­he­bun­gen, respek­tive Fusio­nen von Kirch­ge­mein­den hät­ten somit jedes Mal eine Ver­fas­sungs­än­de­rung benö­tigt. Dank des Vor­stos­ses müs­sen in den Ver­fas­sun­gen nur noch die demo­kra­tisch sau­be­ren Pro­zesse für Gebiets­än­de­run­gen erwähnt sein. Das schafft den staat­lich aner­kann­ten Kir­chen gewich­tige Steine aus dem Weg zur Fusion oder Neu­grün­dung. Meh­rere refor­mierte Kirch­ge­mein­den im Ober­ba­sel­biet neh­men dies bereits auf und stre­ben zur Bün­de­lung ihrer Kräfte und Ver­tie­fung der bereits engen Zusam­men­ar­beit kon­kret den Weg der Fusion an. Mögen sie am Ende posi­tiv kon­no­tiert sagen: Gut Ding will Weile haben.  

Andrea Heger, Gemein­de­prä­si­den­tin und Land­rä­tin EVP, Höl­stein