Carte Blanche 2023
Wieder einmal Wahlsonntag
«Carte blanche» der Volksstimme vom 24. Oktober 2023

Der 22. Oktober 2023, der Tag der National- und Ständeratswahlen ist nun endlich da. Und ich darf an diesem historischen Tag wieder einmal meine «Carte blanche» abliefern. Darum sitze ich vor meinem Computerbildschirm und schenke dem Fernsehbildschirm und meinem Smartphone sowie den stündlichen Updates aus dem Radio etwas weniger Beachtung. Ich begebe mich auch nicht nach Liestal und mische mich unter all die, die im kantonalen Wahlzentrum in den unterschiedlichsten Gemütslagen auf die immer konkreter werdenden Resultate warten oder sie bereits feiern oder beweinen.
Wahlen sind der Dreh- und Angelpunkt einer funktionierenden Demokratie. Deshalb ist es auch zentral, dass sie nach den geltenden Gesetzen und Bestimmungen durchgeführt werden und die Bevölkerung am Schluss den Ergebnissen der Wahlen vertrauen kann. Das sollte zwar eine Selbstverständlichkeit sein, ist es aber nicht. Bei den weltweit – teilweise gar nicht so weit von der Schweiz weg - durchgeführten Wahlen gehört es leider an vielen Orten zum traurigen Spiel, dass mit dem Feststehen der Wahlergebnisse die Diskussionen losgehen oder sogar losgehen müssen, ob die Ergebnisse wirklich das wiedergeben, was die Wählenden als Wille in die Urne gelegt haben. Wurde beim Auszählen manipuliert, wurden sogar Kandidaturen verhindert oder die Stimmabgabe verunmöglicht?
Wir dürfen uns glücklich schätzen, in einem Land zu leben, in dem sich die demokratischen Prozesse auf die demokratisch ausgehandelten Gesetze stützen. Wir können vertrauen, dass alles dazu getan wird, dass bis am Wahlabend für jede kandidierende Person und jede Liste die korrekten Werte ermittelt und zugewiesen werden und die richtigen Gewählten feststehen. Dies ist bei schweizweit 5909 Personen auf 618 Listen allein für die Nationalratswahlen eine beachtliche Herausforderung.
Ich konnte heute Vormittag in unserer Gemeinde miterleben, wie mit grosser Organisation und Konzentration die Mitglieder des Wahlbüros und die Mitarbeitenden der Verwaltung an ihrer Arbeit waren: Über Stunden wurde hier begrüsst, kontrolliert, gestempelt, sortiert, geschrieben, abgelesen, eingetippt, bestätigt, gezählt, gewogen, gebündelt, gedruckt, plausibilisiert, gelistet, verschickt… Alles Mögliche wurde getan, um dem kantonalen Wahlzentrum rechtzeitig korrekte Daten aus unserer Gemeinde melden zu können. Ähnlich – mal im kleineren, mal im wesentlich grösseren Rahmen - wird es in jeder der über 2000 Gemeinden und Städte in unserem Land ausgesehen haben.
Wenn ich hier mit dem Schreiben meiner «Carte blanche» fertig bin, werde ich mich mit den Wahlergebnissen aus dem Baselbiet und den anderen Kantonen befassen. Ich werde mich über einzelne Resultate freuen und über andere enttäuscht sein. Sicher ist: Das neu gewählte Parlament wird vor grossen Herausforderungen stehen. Ich wünsche unseren Parlamentarierinnen und Parlamentariern in National- und Ständerat die Fähigkeit und die Bereitschaft zum Dialog und die Weisheit für die richtigen Entscheidungen.
Peter Gröflin, Gemeindepräsident Gelterkinden, EVP
Etwas Riesiges geschafft
«Carte blanche» der Volksstimme vom 14. Juli 2023

Gut Ding will Weile haben. Ob durch ein Amt involviert oder als interessierte Einwohnerinnen oder Einwohner: Wer in der Politik unterwegs ist, kommt kaum umhin, früher oder später auf dieses Sprichwort zu verweisen. Sei es als Mutmacher vor oder in einem langwierigen Lösungsfindungsprozess. Oder als Statement, dass sich der viele Aufwand für die gefundene Lösung gelohnt hat. Schliesslich formuliert das Sprichwort eine alte Volksweisheit. Viele Dinge müssen reifen, brauchen Zeit und Musse, um gut zu werden. Doch nicht immer ist diese Einsicht oder die Geduld vorhanden. Nicht selten hört man gebetsmühlenartig, dass die Gesetzmühlen (zu) langsam mahlen. Das haben wohl einige in Vereinen Engagierte auch schon erfahren. Zum Beispiel beim Ausarbeiten von Statuten oder Organisieren eines Anlasses. Auch ich muss in meinen verschiedenen Rollen immer wieder viel Geduld, Weit- und Zuversicht aufbringen, um bei der Umsetzung eines Anliegens nicht mittendrin desillusioniert oder frustriert aufzugeben.
Einen über zehnjährigen Bogen von Initialisierung bis Umsetzung erleb(t)e ich hautnah in der Kirchenpolitik. Seit 2017 bin ich Präsidentin der Synode, dem kantonalen Kirchenparlament der evangelisch-reformierten Kirche Baselland (ERKBL). Diesen Juni konstatierte ich nach der einstimmigen Absegnung der neuen Personal- und Besoldungsordnung (PBO) erfreut: «Wir haben noch einmal etwas Riesiges geschafft». Als ich 2013 Synodale wurde, hatten wir die Durchführung einer Visitation ausgelöst. Nach standardisierten Austauschen mit allen Kirchgemeinden fasste ein Visitationsbericht Feststellungen und Empfehlungen zur weiteren kirchlichen Entwicklung zusammen. Unter anderem gab dies Anstoss zur Überarbeitung der gesamten Gesetzesgrundlagen. In der Folge erhielt die ERKBL eine neue Verfassung, sowie untergeordnet Kirchenordnung, Finanzordnung sowie PBO. Nachfolgende Dekrete und Reglemente führen bei Bedarf übergeordnet festgelegte Punkte noch exakter und für den gelebten Alltag verständlich aus. Schliesslich sollen die gesetzlichen Strukturen ein geordnetes und friedvolles Zusammenleben unterstützen.
Für eine Änderungen konnte ich die Brücke von der kirchlichen zur weltlichen Politik schlagen. Denn die Kirchenverfassung als oberstes Regelwerk der ERKBL untersteht wiederum dem kantonalen Kirchengesetz. Dieses verlangte in einem Passus die namentliche Auflistung aller Kirchgemeinden in den jeweiligen Verfassungen ihrer Kantonalkirchen. Neugründungen und Aufhebungen, respektive Fusionen von Kirchgemeinden hätten somit jedes Mal eine Verfassungsänderung benötigt. Dank des Vorstosses müssen in den Verfassungen nur noch die demokratisch sauberen Prozesse für Gebietsänderungen erwähnt sein. Das schafft den staatlich anerkannten Kirchen gewichtige Steine aus dem Weg zur Fusion oder Neugründung. Mehrere reformierte Kirchgemeinden im Oberbaselbiet nehmen dies bereits auf und streben zur Bündelung ihrer Kräfte und Vertiefung der bereits engen Zusammenarbeit konkret den Weg der Fusion an. Mögen sie am Ende positiv konnotiert sagen: Gut Ding will Weile haben.
Andrea Heger, Gemeindepräsidentin und Landrätin EVP, Hölstein
Schnee und Trinkwasser
«Carte blanche» der Volksstimme vom 9. März 2023

Ich bin immer etwas vorsichtig mit dem Urteil, dass die Zeiten, die Verhältnisse oder die Zustände, wie wir sie heute erleben, noch nie so schlimm, schlecht oder kompliziert waren. Es scheint mir, dass wir dabei oft vieles vergessen, was wir vielleicht von unseren Grosseltern oder im Geschichtsunterricht erzählt bekommen haben. Zudem hatten wir noch nie so viele Möglichkeiten, uns selbst ein Bild der Gegenwart und der Vergangenheit hier bei uns oder irgendwo auf der Welt zu verschaffen.
Dennoch gibt es Momente, in denen es doch glaubwürdig erscheint, dass die aktuellen Zustände noch nie oder noch selten so dagewesen sind. So ist es mir ergangen, als ich vor wenigen Tagen im Oberengadin im Postauto dem Silvaplanersee entlang gefahren bin. Schräg neben mir sass eine ältere einheimische Frau, die mit besorgtem Blick und leichtem Kopfschütteln auf den See hinübersah, der von schwarzgrauem Eis bedeckt war, das erst noch an diversen Stellen von kleinen Wasserflächen unterbrochen war. Nach einer gewissen Zeit meinte sie, so habe sie den Silvaplanersee und die Umgebung Ende Februar noch nie gesehen. Dort, wo sich um diese Zeit normalerweise hunderte Menschen wandernd und langlaufend über die weisse Schneedecke des gefrorenen Sees bewegen, waren nun nur einige wenige Wagemutige zu Fuss oder auf Schlittschuhen auf dem Eis unterwegs. Auch neben dem See verdrängte zunehmend grün und braun das übliche winterliche Weiss. Der Schnee, der hier schon einige Tage ohne Nachschub lag, wurde in den letzten Wochen von den warmen Temperaturen und der immer stärker werdenden Sonne weggezehrt. Dieser Mix von äusserst bescheidenen Niederschlagsmengen und seit Wochen warmen Temperaturen tagsüber - zum Teil sogar nachts -, muss den Tourismusverantwortlichen Sorgen bereiten. Er hält aber auch das Organisationskomitee auf Trab, welches hier am 12. März als Abschluss von verschiedenen Langlauf-Wettkämpfen den Engadin Skimarathon mit über 10'000 Teilnehmenden durchführen will. Auf welchen Wegen dieses grosse Feld von Maloja nach S-chanf gelangen soll? Wir werden es sehen.
Der spärliche Schnee und die warmen Temperaturen beschäftigt aber nicht nur den Tourismus und die Sportveranstalter. Das Engadin gilt auch als Wasserschloss. Die Grundlage für eine ausreichende und sichere Trinkwasserversorgung dieser Region wird im Winter gelegt. Dafür ist es wichtig, dass mit der Schneeschmelze reichliche Reserven in den natürlichen Grundwasserreservoirs gespeichert werden können.
Die Wasserversorgung im Oberbaselbiet ist logischerweise nur untergeordnet von den regionalen Schneefällen abhängig. Aber auch unsere Quellen und Grundwasserströme reagieren auf die Niederschlagsmengen und deren Verteilung über das Jahr und die wiederkehrenden längeren Trockenperioden. Die klimatischen Veränderungen fordern deshalb auch die Wasserversorgungen in unserer Region zunehmend heraus. Es braucht von uns allen verstärkt einen verantwortungsvollen und sorgsamen Umgang mit unserem kostbaren Trinkwasser.
Peter Gröflin, Gemeindepräsident Gelterkinden, EVP
Der Baselbieter-Sonntags-Krimi
«Carte blanche» der Volksstimme vom 17. Februar 2023

In den letzten Jahren sind sie wie Pilze aus dem Boden geschossen, die Krimis, welche in Schweizer Orten spielen und es gibt namhafte Autoren dazu. Ich persönlich finde sie sehr unterhaltsam und da ich die Örtlichkeiten manchmal gut kenne, etwas Besonderes.
Am 12.2.2023 jedoch gab es im Baselbiet ein Krimi ganz besonderer Art. Der Wahl-Krimi! Die Spannung war riesig bis um fünfzehn Uhr klar war, wer einer der «Täter» ist. Super, wenn die Auflösung eines so von längerer Hand geplanter Zeit «Coups» innert mehreren Stunden gelingt. Und dies bei unwahrscheinlich vielen Involvierten! Der «Täter» war geständig am Kaminfeuer und mit viel Aufwand diese Absichten verfolgt zu haben und schien unendlich erleichtert! Seine «Mittäterschaft» outete sich in Freude und bekannte sich im Sinne der Anklage schuldig. Die vier anderen «Haupt-Täter» wurden auch ermittelt und man könnte sagen, so hat sich «die Spitze» herauskristallisiert.
Dann gab es noch einen weiteren Fall mit viel mehr Täterschaft, welchen es aufzulösen galt. Über 33% der Bevölkerung vom Baselbiet war engagiert um dies auch möglich zu machen. Dies erforderte vor allem in diversen ländlichen «Kommissariaten» etwas mehr Zeit, was den Fall etwas verzögerte. Schlussendlich war aber klar; man hatte sie alle gefunden und eingeteilt.
Da gab es die grösste Gruppe von 21 «Täterinnen und Täter», welche beschuldigt werden weniger Stau für einen sicheren Verkehrsfluss, mehr Saft für eine sichere Energieversorgung, mehr Schweiz für eine sichere Selbstversorgung, mehr Goethe weniger Faust, für einen sicheren Heimweg, mehr Berufslehren, für eine sichere Zukunft im Arbeitsmarkt zu wollen und dies alles bei weniger Steuern für einen sicheren Abzug der Krankenkassenprämie! Man staune und nun finde ich es gut, dass sie verurteilt wurden dies alles umzusetzen. Leider verloren sie in der Hitze des Gefechtes die Figur für die «Spitze», aber sie werden es meistern.
Dann gab es die zweitgrösste Gruppe mit 20 «Verurteilten», welche sich für den «Hauptcoup» ein Zweier-Ticket gelöst hatten, aber einer nicht ankam; Ansonsten hegen sie aber durchaus gute Absichten wie, dass sie für Alle statt für wenige da sind; Partei ergreifen; Kaufkraft stärken; Wohnraum schaffen; Klima schützen; Wohnen für alle besorgen; Soziale Sicherheit für alle gewähren und hierbei noch nachhaltige Verkehrspolitik betreiben. Da gibt es viel zu tun und auch sie wurden zu Taten verurteilt.
Zum Glück wurden aber noch weitere 17 Personen ermittelt, welche sich als zuverlässig liberal bekennen, den Baselbietern Freiheit und Selbstverantwortung und Selbstbestimmung zugestehen, positiv in die Zukunft schauen, für Herausforderungen wie Stromkrise, zeitgemässe Bildung und wirtschaftlich schwierigen Zeiten, Lösungen finden. Das Rezept bringen sie auch mit, sie handeln finanzpolitisch konsequent und zuverlässig liberal. Da sie vorwärts gehen, wurden sie direkt abgeführt und dürfen nun heute und morgen zuverlässig sein; mit dem liberal wird es da schon schwieriger. Aber dazu haben sie eine erfahrene Person an der «Spitze», welche sich bei der «Festnahme» auch zu denselben Zielen bekannte.
Weiter wurden dann noch 12 Menschen entlarvt, welche die «Ermittlerschaft» mit der Aussage «Wer etwas verändern will, wählt grün» fast etwas erpresst hat. Deshalb vermute ich sind einige «Mittäterinnen und Mittäter» auch nicht gefunden worden. Jedoch haben sie seit 40 Jahren wirklich viele gute Dinge für das Baselbiet im Sinn. Vielleicht haben es viele nicht verstanden, weil es zum Teil einen englischen Titel hatte? Zum Glück haben auch sie noch eine erfahrene Leitfigur an der «Spitze».
10 Personen mussten dazu stehen, dass sie das Baselbiet zusammenhalten wollen (wusste gar nicht, dass es auseinanderfällt), aber zehn Personen erscheinen mir doch etwas wenig. Sie wurden verurteilt! Ich hoffe sie überanstrengen sich nicht! Jedenfalls gibt es zu ihrer Entlastung noch eine erfahrene Person an der «Spitze», welche genug Position hat, um zu helfen.
Dann sind noch die 6 «Täterinnen und Täter», welche sich bewusst sehr angestrengt haben noch welche ins Boot zu holen, um die Lebensgrundlagen zu schützen, mit Europa zu handeln, intelligent zu investieren, die Digitalität und Mobilität zu vereinen und den Unternehmergeist zu stärken. Da dies viel zu tun gibt, wurden sie unmittelbar «verhaftet». Leider konnte die Person für die «Spitze» das Ziel nicht erreichen, stand in die Reihe der 6 Personen und kam mit einem Verdacht davon.
Ja, und dann ertappte das Ermittlungsteam noch 4 Personen, welche aus Leidenschaft für Mensch und Umwelt seit 100 Jahren brückenbauend ihre Taten preisen, was ich schon etwas beängstigend finde, weil sie dazu fast unerkannt mittendrin in der Gesellschaft und im politischen Spektrum unterwegs sind. Aber da sie schon bei den Ermittlungen vom ersten «Coup» gefasst wurden, ging es ein wenig unter in der Menge.
So bin ich sehr dankbar für diesen «Super-Krimi-Sonntag» und freue mich, haben wir genügend «Ausserwählte Täterinnen und Täter» welche für’s Baselbiet vo morn «gefunden» wurden!
Charlotte Gaugler, Gemeindepräsidentin, EVP, Lampenberg
Carte Blanche 2022
Fang den Hut!
Andrea Heger, Gemeindepräsidentin und Landrätin EVP, Hölstein
Seit 2015 darf ich als Landrätin in der «Carte blanche» gemäss damals übermittelten Regeln meine Sicht zu einem politischen oder gesellschaftlichen Thema meiner Wahl darlegen. Abstimmungs-, nicht aber Wahlpropaganda sei möglich, willkommen seien auch persönliche Erlebnisse und Gedanken. Seither habe ich – Reduktion der Zeichenzahl ausgenommen – keine Änderungshinweise erhalten. Doch was vorerst unmerklich änderte, wurde mir diesen Herbst abrupt vor Augen geführt: Kurz nacheinander gingen mich Personen fragend an, ob ich nicht die sei, die jeweils in der Zeitung schreibe. Sie hätten mich kaum erkannt. Wohl ein leiser Hinweis, dass mein Foto mitaltern sollte...Gesagt, getan. Was auch änderte: Seit bald drei Jahren ist der Funktionsbeschrieb durch Gemeindepräsidentin ergänzt. Darüber, ob diese Hüte-Kombination hilfreich oder hemmend sei, ergeben sich ab und zu interessante Gespräche. Die meisten sehen wie ich viel Positives darin. Wir haben ja alle mehrere Hüte an, respektive Rollen inne. Es ist, ganz gemäss Milizprinzip, hilfreich Dinge aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten. Letzthin kam mir dazu das im Titel genannte Hütchenspiel in den Sinn. Im grösser werdenden Hütchenturm sind die gefangenen Farben immer noch spür- und sichtbar. Doch bei Richtungsentscheiden ist die oberste Hutfarbe zentral. Das Baselbiet ist relativ zentralistisch mit viel Kompetenz beim Regierungsrat organisiert. Trotz gelegentlichem Gezanke, wer idealerweise Entscheide und Gelder in seiner Obhut haben soll, respektive wo Einheitlichkeit und wo Individualismus, sprich Gemeindeautonomie nutzbringender ist: Gemeinden und Kanton dienen alle unserer Bevölkerung. Sie will am Ende gute Leistungen für ihre Steuerfranken.
Unumstritten ist wohl das an der letzten Landratssitzung geänderte Gesetz über Mietzinsbeiträge. Mit ihnen wird die finanzielle Belastung von Familien und Alleinerziehenden knapp ober- und unterhalb der Anspruchsgrenze der Sozialhilfe gemindert. Die durch Kanton und Gemeinde zu leistenden Beiträge sollen helfen, den Eintritt von Familien und Alleinerziehenden in die Sozialhilfe zu verhindern und Schwelleneffekte beim Austritt abschwächen. Das nutzt allen, den Familien, Kanton und Gemeinden. Schwieriger wird es bei der gleichentags geführten Debatte über Berufsauftrag und Jahresarbeitszeit der Lehrpersonen. Auf der Sekundarstufe erteilen Klassenlehrpersonen als Kompensation für ihre Zusatzaufgaben gegenüber Fachlehrperson eine Unterrichtslektion weniger. Auf Primarstufe sollte jede Gemeinde künftig selber verhandeln, ob sie Klassenlehrpersonen ebenso eine Unterrichtslektion zugestehen, in anderweitigen Bereichen des Berufsauftrages weniger Arbeiten erwarten oder diese separat entlöhnen. Der Kanton erhoffte sich durchs Vorangehen guter Beispiele, dass mit der Zeit alle Gemeinden dem Kanton nachziehen würden. Doch der Landrat hat sich in diesem Teilbereich mit einer Stimme Unterschied für eine einheitliche Regelung entschlossen. Dies v.a. aus Gedanken der Qualitäts- und Attraktivitätssicherung für die Schulen und Arbeitsgeber.
Vieles lässt sich nur gemeinsam lösen
Menschenhandel und Ausbeutung als moderne Form der Sklaverei
„Carte blanche“ der Volksstimme vom 26. August 2022
Andrea Heger, Gemeindepräsidentin und Landrätin EVP, Hölstein
Laut der Internationalen Arbeiterorganisation (ILO) werden weltweit jährlich etwa 2,5 Millionen Menschen Opfer von Menschenhandel. In der Schweiz sind gemäss einer Reportage des «Beobachters» vom 4.März 2022 rund 5'000 Personen von Ausbeutung betroffen. Es ist zudem von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Die Schweiz ist in erster Linie Zielland. In den meisten Fällen landen Opfer hierzulande im Sexgewerbe. Die Frauen kommen fast ausschliesslich aus armen Ländern. Von Clans, Bekannten oder vermeintlichen Lebenspartnern (Loverboys) werden sie unter falschen Vorwänden in die Schweiz gelockt, in Schuldknechtschaft und Prostitution gezwungen
Sklaven nicht nur im Sexgewerbe...
Ausbeutung und Menschenhandel basieren auf organisiertem Verbrechen. Seit einigen Jahren werden nebst dem Sexgewerbe vermehrt auch Fälle aus dem Gastgewerbe, dem Bau, der Landwirtschaft, in Putzinstituten oder privaten Haushalten bekannt. Die Opfer werden in der Regel mit falschen Versprechen angeworben. Ihnen wird eine gut bezahlte Arbeit in Aussicht gestellt. Tatsächlich arbeiten sie dann unter ausbeuterischen Bedingungen, oft schwarz.
Auch Männer sind zusehends von Arbeitsausbeutung betroffen
Diese geht bis in die Kriminalität: Opfer werden für Handlangerdienste im Drogenhandel oder für die Geldwäscherei instrumentalisiert. Die meisten Opfer können sich wegen sprachlicher Barrieren nicht verständigen und kennen die hiesigen Gesetze nicht. Häufig werden ihnen die Reisepapiere abgenommen, was eine Flucht erschwert. Ohne Hilfestellungen ist ein Ausstieg kaum möglich.
Holkriminalität
Bisher können Opfer von Ausbeutung und Menschenhandel oft nicht als solche identifiziert werden. Leider fehlen personelle und juristische Mittel, um Menschenhandel und Arbeitsausbeutung wirksam zu bekämpfen. Dies bestätigte auch unsere Baselbieter Regierung. Auf parlamentarische Fragen meiner Parteikollegin Sara Fritz, erhielt der Landrat die Antwort, dass es sich bei Fällen von Menschenhandel und Arbeitsausbeutung um sogenannte «Holkriminalität» handle, die den Strafverfolgungsbehörden erst durch eigenes aktives Bemühen zur Kenntnis gelange. Stärkere Spezialisierung und proaktive Ermittlungshandlungen wären geeignet, um mehr Fälle ans Licht zu bringen.
Doch seien die gesetzlichen und personellen Ressourcen aktuell nicht vorhanden
Auf rechtlicher Ebene sind bereits Fortschritte in Sicht. Aufgrund eines überwiesenen Vorstosses von EVP-Nationalrätin Marianne Streiff ist der Bund daran, einen Straftatbestand für Arbeitsausbeutung auszuarbeiten. Bezüglich kantonaler Ressourcen lanciere ich einen Vorstoss. Und auch Sie können etwas tun:
Kommen Sie am Samstag, 24. September um 15 Uhr nach Bern auf den Bundesplatz.
Angesichts der unbefriedigenden Situation haben sich zehn Organisationen – unter ihnen auch die EVP – entschlossen, gemeinsam eine breit angelegte Kampagne für den Kampf gegen Menschenhandel durchzuführen. Ziel ist es, über die Lage zu informieren und aufzuzeigen, wie wir uns gemeinsam für den Kampf gegen den Menschenhandel engagieren können.
Traditionen
„Carte blanche“ der Volksstimme vom 3. August 2022
Peter Gröflin, Gemeindepräsident Gelterlinden
Ich hatte die Ehre, an der Bundesfeier auf dem Dorfplatz in Gelterkinden die Festansprache halten zu dürfen. Gelterkinden kann zurückschauen auf 1. August-Feiern, bei denen die Rednerinnen und Redner wie Baschi, Ira May und Sarah-Jane etwas Glamour auf den Gelterkinder Dorfplatz zauberten. Nach so einer Serie hatte ich es da etwas schwerer. Als gewöhnlicher Gemeindepräsident ist da der Glamourfaktor sicher wesentlich bescheidener oder sogar nicht existent.
Aber vielleicht passt ja dieser fehlende Glamour gar nicht so schlecht zu einer Bundesfeier. Unser Nationalfeiertag, der 1. August, bringt uns jährlich dazu, über unsere Schweizer Tradition nachzudenken. Es ist Tradition, dass quer durch die Schweiz in vielen Gemeinden auf vielfältige Weise Bundesfeiern stattfinden. Es gibt aber auch Traditionen, von denen wir nicht mehr genau wissen, warum und wann sie sich als Tradition etabliert haben. Wenn wir genauer hinschauen, sehen wir auch, dass Dinge, die wir seit Jahren als Tradition gleich machen, nach Jahren trotzdem sehr viel anders sind als am Ursprung.
Schweizer Traditionen
Mit Traditionen müssen oder dürfen wir uns überall dort auseinandersetzen, wo wir als Menschen, als Gesellschaft miteinander unterwegs sind. In der Familie, im Verein, am Arbeitsplatz, aber auch als Dorf oder als Land. Wir feierten am letzten Wochenende unsere Schweiz, unseren Schweizer Bundesstaat, unsere Schweizer Tradition. Wir sind stolz und dankbar dafür, dass es uns und all den Generationen vor uns gelungen ist, über all die Jahrhunderte und über verschiedene kriegerische Klippen hinweg ein funktionierendes Schweizer Staatswesen zu formen. Wir sind froh und stolz auf unsere Demokratie. Vieles, was diese Tradition ausmacht, ist in unserer Verfassung, den Gesetzen und Verordnungen, in Reglementen usw. festgehalten.
Starre Traditionen
Vieles aber auch, was unsere Schweizer Tradition ausmacht und was unserer Schweiz, unserem Baselbiet unseren Dörfern ein Gesicht und auch eine Seele gibt, findet sich in keinem Gesetz und keinem Reglement festgeschrieben. Damit wir uns in unserem gesellschaftlichen Miteinander auf unsere demokratische Tradition und auch auf unsere humanitäre Tradition berufen können, braucht es von jedem Einzelnen von uns immer wieder tagtägliche Entscheidungen, wie wir miteinander umgehen wollen und wie wir unser Miteinander gestalten. Traditionen müssen aber auch immer wieder hinterfragt werden. Das erlebe ich auch stark in der Familie mit erwachsenen Kindern. Eigene Familientraditionen stossen über die Partnerinnen und Partner der eigenen Kinder auf andere Familientraditionen. Feste müssen plötzlich anders miteinander gefeiert werden. Neue Traditionen entstehen.
Traditionen weiterentwickeln
Ich wünsche uns allen, dass wir uns auch nach der Bundesfeier an unserer Schweizer Tradition freuen können, dass wir auch darauf stolz sein können. Ich wünsche uns aber auch, dass wir die Offenheit haben, unsere Traditionen weiterzuentwickeln, wo Veränderungen nötig sind.
Peter Gröflin, Gemeindepräsident Gelterkinden
Theorie und Praxis klaffen auseinander
„Carte blanche“ der Volksstimme vom 29. April 2022
Andrea Heger, Gemeindepräsidentin und Landrätin EVP, Hölstein
Sicher haben Sie sich auch schon geärgert, wenn Ihnen – ganz gemäss dem Sprichwort „Wasser predigen und Wein trinken“ – bewusst wurde, dass jemandes Worte nicht mit dem tatsächlichen Handeln übereinstimmten. Und wie es so ist, fällt es leichter, diese Untat bei Anderen als bei sich selbst zu entdecken. Wir handeln ja nicht in böser Absicht. Es fällt einfach leichter, in Theorie und Euphorie Ideale zu definieren, als sie im Alltag umzusetzen. Eine solche Problematik liegt auch bei der Abstimmung zum Transplantationsgesetz vor.
Je nach Umfrage und Interpretation zeigen sich rund 50 bis 80 Prozent unserer Bevölkerung zu einer persönlichen Organspende bereit. Einen Spendeausweis besitzen jedoch nur 16%. Hier setzt das zur Abstimmung stehende Transplantationsgesetz an. Neu soll die «erweiterte Widerspruchsregelung»gelten: Jede Person, die nicht zu Lebzeiten einer Organspende widerspricht, wird automatisch Organspender*in. Bisher gilt in der Schweiz bei Organentnahmen die «erweiterte Zustimmungslösung». Organe dürfen also nur entnommen werden, wenn dem zugestimmt wurde. Das neue Gesetz führt folglich einen fundamentalen Wechsel ein. Um heikle Aspekte dieser Vorlage aufzuzeigen und den Weg für die bessere «Erklärungslösung» frei zu machen, ergriff ein aus medizinisch und ethischen Fachpersonen bestücktes überparteiliches Komitee das Referendum.
Schweigen ist nicht automatisch JA
Einig sind sich Befürworter wie Gegner, dass die Spendenzahl erhöht werden soll, Diskrepanz herrscht bei der Art und Weise. Aus Sicht des Komitees «Nein zur Organentnahme ohne Zustimmung» sprechen medizinische, ethische und juristische Argumente gegen die Widerspruchsregelung. Mit ihr wird Schweigen automatisch als Zustimmung gewertet.Das widerspricht anderweitiger Praxis. Mit Programmen wie «Mein Körper gehört mir» lernen wir unserer Jugend für ihr in der Bundesverfassung verbrieftes Menschenrecht auf Selbstbestimmung und Unversehrtheit des Körpers zu pochen. Bei der Revision des Sexualstrafrechtes sagen viele «Nur ein Ja ist ein Ja». Bei Impfungen ist eine Zustimmung nötig, bei grösseren medizinischen Eingriffen gar eine schriftliche.
Widerspruchsregelung ist nicht automatisch mehr Organspenden
Die erweiterte Widerspruchslösung setzt zudem die Angehörigen in der schweren Situation des Abschiednehmens zusätzlich einem starken Entscheidungsdruck aus. Liegt keine Willenserklärung vor, müssen sie innert wenigen Minuten unter Schock und Trauer entscheiden und glaubhaft machen, dass ihr Entscheid dem Wunsch des Sterbenden entspricht. Ebenso fehlen wissenschaftlich fundierte Belege dafür, dass die unethische Widerspruchsregelung die Zahl der Organspenden wirklich erhöht.
Ein Nein zum Transplantationsgesetz ist der Weg für Aufklärung
Ein Nein zum vorliegenden Transplantationsgesetz macht den Weg für die «Erklärungslösung» der nationalen Ethikkommission frei und behebt das Problem an der Wurzel. Der Bund soll sicherstellen, dass sich alle regelmässig, z.B. bei der Passverlängerung oder beim Hausarzt, mit der Frage der persönlichen Organspende auseinandersetzen und ihren Willen hinterlegen. Denn nicht Zwang, sondern Aufklärung und klare Dokumentation sind nötig.
Die Angst ist ein schlechter Ratgeber
„Carte blanche“ der Volksstimme vom 22. März 2022
Charlotte Gaugler, Gemeindepräsidentin, EVP, Lampenberg
Während ich mir Gedanken mache, worüber ich meine «Carte blanche» schreiben möchte, höre ich zwei Kindergärtler miteinander reden: «Es ist Krieg, weisst du, jetzt schiessen sie mit richtigen Kanonen!» «Ja, sie sind ganz nah und richtige grosse Panzer haben sie auch!» – «Boah! Und Bomben! Da ist alles flach …» Aus den Stimmen der Buben ist auch eine gewisse Angst herauszuhören.
«Angst lernen Kinder nur von uns Grossen»,
schrieb Wilhelm Engelhardt (1857–1935), Lehrer und Kantor.
Ja, aber warum? Sollten wir unsere Kinder nicht schützen? Ihnen eine Art mentale «Sicherheit» vermitteln können? Haben wir selber so viel Angst, dass wir dazu nicht mehr in der Lage sind?
Begründete und unbegründete Angst ist allgegenwärtig
Über Angst wird unendlich viel geredet und geschrieben und Ängste – begründet oder nicht begründet – sind allgegenwärtig in unserer Gesellschaft. Seit zwei Jahren die Angst vor einem gefährlichen Virus – aktuell der Krieg von Russland in der Ukraine. Die Medien sind schnell, sie informieren im Detail und mit Bildern. Eine wahre Flut ergiesst sich laufend über uns. Wir wissen gar nicht mehr, was wahr ist und was einfach «sensationell».
Angst vor einem Atomkrieg
Wir wollen helfen, aufhalten, sanktionieren und machen grosszügige Angebote an die ukrainischen Flüchtlinge. Dabei fürchten wir uns gleichzeitig davor, selber in diesen Krieg verwickelt zu werden, rüsten unsere Zivilschutzanlagen auf, kaufen Notvorräte ein. Wir haben Angst vor dem Dritten Weltkrieg, einem Atomkrieg.
Kinder schützen, auch vor unserer Angst
Nicht erstaunlich, dass zwei fünfjährige Kinder dies alles so mitbekommen. Mein Gefühl sagt mir, dass das nicht gut ist. Ich bin keinesfalls dafür, eine heile Welt vorzuspielen, jedoch sind «Tagesschau» und Kriegsreportagen sowie Gespräche unter Erwachsenen über diese Themen nicht für Kinderohren und -augen bestimmt. Die Angst darf nicht ungefiltert weitergegeben werden.
Hoffnung und Vertrauen weitergeben
Es gibt immer etwas zum Fürchten, jedoch auch zum Freudehaben. Es kommt auch hier darauf an, wie wir es betrachten. Nicht alles, was Angst macht, ist auch gefährlich. Wie können wir den Kindern Hoffnung und Vertrauen weitergeben? Indem wir selber nicht ungefiltert alles in uns aufsaugen und uns unseren Ängsten ausliefern. Indem wir uns dem Möglichen zuwenden und das Unmögliche loslassen. Sich aufrichtig reflektieren und erkennen, dass es zum Leben gehört. Haben wir verlernt, ausserhalb unserer Komfortzone zu bestehen? Sind wir nicht dabei, Menschen in der gleichen Not einzuteilen in verschiedene Kategorien (Status)?
Hilfestellung vorleben
Wir können nur eines wirklich tun: Unseren Kindern Mut und Vertrauen vorleben, indem wir sie bewusst in die Hilfestellung (aller) benachteiligter Menschen miteinbeziehen. Ihnen zeigen, wo es uns gut geht und dass helfen ohne Eigennutz ein positives Gefühl ist. Angst nützt niemandem, sie schützt lediglich vor situativen Gefahren. Ein Leben in Angst nimmt uns Ressourcen, die wir für ein gesundes Leben brauchen.
Notleidende brauchen gesunde Menschen, Menschen mit Herz und Verstand.
Kinder und Jugendliche im Fokus
„Carte blanche“ der Volksstimme vom 7. Januar 2022
Andrea Heger, Gemeindepräsidentin und Landrätin EVP, Hölstein
In letzter Zeit wurde viel berichtet über wirtschaftliche und politische Auswirkungen der prozentualen Zunahme der älteren Generationen an unserer Gesamtbevölkerung. Einerseits bereiten die Finanzierbarkeit von Altersvorsorge und Pflegebedarf grosse Sorgen.
Golden Agers
Andererseits ist es auch ein Segen, dass Pensionierte durchschnittlich immer mehr Jahre in guter gesundheitlicher und geistiger Verfassung verbringen können. Viele der älteren Semester leisten sehr wertvolle Dienste, indem sie ihren Wissens- und Erfahrungsschatz für Freiwilligen- und ehrenamtliche Arbeit einsetzen.
Die Wirtschaft profitiert zudem von der gegenüber früher gestiegenen Kaufkraft der «Golden Agers» und nimmt sie werbemässig ins Visier. Auch am anderen Ende der Altersskala investieren Firmen ihr Werbegeld gewinnbringend. Dabei denken Sie wohl spontan an die vergangenen Weihnachtstage und daran, welche Geschenkbedürfnisse befriedigt oder je nachdem vorab bewusst generiert wurden.
Youngsters
Doch auch durchs ganze Jahr stehen Kinder und Jugendliche bei einigen Branchen im Fokus. Ist Ihnen zum Beispiel bewusst, dass Jugendliche in der Schweiz an einem einzigen Samstag 68 Mal mit tabakfreundlichen Reizen berieselt werden? Wissenschaftliche Studien belegen: Je mehr Tabakwerbung Kinder und Jugendliche ausgesetzt sind, desto eher beginnen sie zu rauchen. Genau darauf zielt die Tabakindustrie. Sie bewirbt die besonders werbeempfänglichen Minderjährigen massiv, um sie möglichst früh vom Nikotin abhängig zu machen. So werden sie zu Rauchenden und Kranken von morgen. Rund 32 Prozent der Jugendlichen zwischen 15 und 25 Jahren rauchen täglich oder gelegentlich. Damit liegt diese Altersgruppe über dem Schnitt der Gesamtbevölkerung.
Volksinitiative «Kinder ohne Tabak»
Mehr als die Hälfte der rauchenden Bevölkerung hat vor dem 18. Lebensjahr begonnen, regelmässig zu rauchen. Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass Einschränkungen der Tabakwerbung erfolgreich dafür sorgen, dass Jugendliche weniger rauchen. Hier setzt die Volksinitiative «Kinder ohne Tabak» an. Sie fordert ein Verbot für jegliche Art von Werbung für Tabakprodukte, die Kinder und Jugendliche erreicht. Sie sollen vor dem frühzeitigen Einstieg ins Rauchen und massiven gesundheitlichen Schäden geschützt werden.
Neues Tabakproduktegesetz verhindert keine Werbung auf Social Media oder Gratiszeitungen
In Reaktion auf die eingereichte Initiative hat das eidgenössische Parlament in der Herbstsession das Tabakproduktegesetz verabschiedet. Dieses regelt unter anderem Werbeverbote, die spezifisch auf Minderjährige abzielen, oder Beschriftungsvorgaben auf Tabakprodukten, um vor Gesundheitsschäden zu warnen. Werbung in Gratiszeitungen, an Kiosken, im Internet, auf Social-Media-Plattformen sowie an Festivals bleibt leider weiterhin erlaubt. Genau dort sind besonders viele Jugendliche unterwegs. Somit ist das Problem mit dem neuen Tabakproduktegesetz leider nicht gelöst. Das Initiativkomitee hält daher an der Initiative fest. Am 13. Februar stimmen wir darüber ab.
Helfen auch Sie, die Jugendlichen mit einem Tabakwerbeverbot zu schützen und legen Sie ein Ja zur Initiative «Kinder ohne Tabak» ein.