Wem soll der Mehrwert gehören?

Wem soll der Mehrwert gehören?

Andrea Heger, Landrätin EVP, Hölstein

„Carte blan­che“ der Volksstimme vom 11. Januar 2019

So wie ich hier theoretisch vor einer unbeschriebenen Fläche für meine «Carte blanche» sitze, geht es Ihnen mit dem wenige Tage alten 2019. Bei genauerer Betrachtung ist meine «unbeschränkte Vollmacht» doch eingeschränkt, respektive vorgespurt. Vergangenes beeinflusst Neues. Mögen Sie 2019 mit Ihrem persönlichen Gemisch aus vorgespurten Wegen und hoffentlich erfreulichen unerwarteten Wendungen glücklich werden!

Mit Vorgespurtem und Glück hat auch eine der kantonalen Februarabstimmungen zu tun. Und zwar beim Gesetz über die Abgeltung von Planungsmehrwerten. Das Schweizer Stimmvolk hat 2013 einer Teilrevision des Raumplanungsgesetzes zugestimmt. Dieses will den Boden haushälterisch nutzen und das Baugebiet von Nichtbaugebiet trennen. Es verlangt nach einem kantonalen Gesetz, welches für einen angemessenen Ausgleich bei erheblichen Vor- und Nachteilen von Planungsänderungen sorgt.

Planungsvorteile müssen zumindest bei neu eingezonten Parzellen mit einer Abgabe von minimal 20% auf die Grundstücks-Mehrwerte ausgeglichen werden. Bei der Ausgestaltung des kantonalen Gesetzestextes zur Umsetzung der Bundesvorgaben sind im Baselbiet die Wogen bereits im Vernehmlassungsverfahren hochgegangen. Ebenso im Landrat. Dass wir nun über dieses Planungsmehrwertsgesetz abstimmen müssen liegt daran, dass im Landrat das nötige 4/5-Quorum verfehlt wurde. Doch was ist das Problem?

Nehmen wir an, jemand hat das Glück, sein Grundstück erhalte den Mehrwert, künftig einen Stock höher bauen zu dürfen. Wer soll diese ermöglichenden Arbeiten – und somit die Mehrkosten – bezahlen? Der Nutzniessende, die Gemeinde, der Kanton? Die Regierungsratsvorlage suchte den Kompromiss und schlug bei Neueinzonungen eine Abgabe von 20% des Bodenmehrwertes vor. Zudem sollten die Gemeinden bei Um- und Aufzonungen eine Mehrwertabgabe von maximal 30 % beschliessen können.

21 Kantone haben die Bundesvorgaben zur Mehrwertabgabe bereits umgesetzt. Kaum ein Kanton setzt nur das Minimum um. Zwingende Mehrwertabgaben bei Um- oder Aufzonungen sind sehr verbreitet. Die Nachbarkantone gehen alle deutlich weiter als es der Gesetzesvorschlag der Regierung vorsah. Erstaunlicherweise passte der Landrat das Gesetz nun nicht in Richtung anderer Kantone an. Im Gegenteil, er verschlimmbesserte. Ausser via Quartierplanungen für Um- und Aufzonungen dürfen keine weiteren Abgaben erhoben werden. Den Gemeinden wird explizit verboten, weitergehende Mehrwertabgaben einzuführen. Es bleiben einzig die minimalen Bundesvorgaben von 20% auf bei Neueinzonungen.

Das finde ich sehr stossend. Die, welche sich stets die Gemeindeautonomie auf die Fahne schreiben, wollen hier Ermessensspielräume verbieten.

Die Gemeinden und die Steuerzahlenden sind die Geprellten.

Denn sie bezahlen die erforderlichen Aufwertungsmassnahmen.

Profiteur ist einzig der Arealbesitzer, dessen Land dank staatlicher Planung über Nacht ein Mehrfaches an Wert gewinnt. Genug Gründe, dieses Gesetz in der jetzigen Form am 10. Februar mit einem Nein zu quittieren.