Nein zu Hü und Hott in der Bildung

Nein zu Hü und Hott in der Bildung

In diesen Tagen flattern für die Abstimmungen vom 7. März dicke Couverts in die Briefkästen. Es stehen je drei Fragen auf nationaler und kantonaler Ebene an. Die mit teils starken Emotionen verbundenen nationalen Themen sind bereits im Fokus der Öffentlichkeit. Doch auch die kantonalen Vorlagen sind es wert, beachtet zu werden. Daher widme ich diese Zeilen einem meiner Herzensthemen: der Bildung.

Die «Starke Schule beider Basel» will mit der Initiative «Die gigantische und unerfüllbare Anzahl von 3'500 Kompetenzbeschreibungen in den Lehrplänen auf ein vernünftiges Mass reduzieren» und die Beschreibungen in den Lehrplänen für die Primar- und Sekundarstufen zusammengezählt auf 1'000 kürzen. Zudem wird verlangt, dass die Kompetenzbeschreibungen pro Fach und Schuljahr mit klar formulierten Stofflehrplänen und Themen ergänzt werden. Dazu sollen für die Sekundarstufe I die Anforderungsniveaus differenziert und auf die Inhalte und Anforderungen der beruflichen Grundbildung, der Fachmittelschule und des Gymnasiums abgestimmt werden.

Das Anliegen geht auf Unzufriedenheit mit dem schweizweit harmonisierten Lehrplan 21 zurück. Die Starke Schule reichte damals die formulierte Gesetzesinitiative «Ja zu Lehrplänen mit klar definierten Stoffinhalten und Themen» ein. Daraufhin wurde ein Gegenvorschlag erarbeitet. Dieser ergänzte den Lehrplan mit einem zweiten, quasi parallelen Lehrplanteil mit Grobzielen, Stoffhinhalten und Themen. Die Lehrpersonen können seither selbst entscheiden, mit welchem der beiden Teile sie arbeiten. Diese Wahlmöglichkeit ist in der Schweiz bisher einzigartig. Der Lehrplan wurde aufgrund der damaligen Auseinandersetzungen zudem bereits um Differenzierungen nach Jahrgang und Leistungsniveaus ergänzt. Das Volk nahm diesen Gegenvorschlag im Juni 2018 mit über 84% an.

Seit Inkraftsetzung existiert ein umfangreiches Rückmeldeverfahren, welches Anregungen aus der Praxis aufnimmt und den Lehrplan in eine überarbeitete, verbesserte Form bringen will. Zwei der drei Rückmeldeschlaufen haben bereits stattgefunden. Der definitive Sek-Lehrplan wird auf das Schuljahr 22/23 umgesetzt. Danach ist das gleiche Vorgehen für die Primarstufe geplant. Bis auf die konkrete Beschränkung auf 1000 Kompetenzen sind die Anliegen der neuen Initiative also bereits umgesetzt oder im Prozess dazu.

Die Initiative muss dennoch verworfen werden, da sie grosse Probleme verursacht. Einerseits ist die Beschränkung auf 1000 Ziele aktuell nicht umsetzbar. Dies wegen der Harmonisierung und dem Aufbau über die insgesamt 11 Schuljahre. Andererseits würde der laufende Überarbeitungsprozess abrupt beendet, Verbesserungen verzögert und rund CHF 2.3 Mio. an Vorarbeit in Sand gesetzt. Die Starke Schule produziert hier ein Gstürm, will bestehende Handlungsfreiräume einschränken und frustriert mit ihrem Hü und Hott viele am Verbesserungsprozess Beteiligte. Sie torpediert zudem ihr eigenes Ziel, welches sie mit der Wahl von Monica Gschwind in den Regierungsrat verfolgte: Mehr Ruhe in der Bildungslandschaft.

 

„Carte blan­che“ der Volksstimme vom 9. Februar 2021

Andrea Heger, Gemeindepräsidentin und Landrätin EVP, Hölstein