Wahlslogans - und was bleibt davon im Alltag übrig?

Wahlslogans - und was bleibt davon im Alltag übrig?

Andrea Heger, Landrätin EVP, Hölstein

Traumhaft, so eine ‚Carte blanche’ (je nach Übersetzung Freibrief, Handlungsfreiheit, unbeschränkte Vollmacht, Blankocheck) zu erhalten, nicht? Der Umgang mit der Freiheit kann aber extrem schwierig sein, will man nicht kopflos das Nächstbeste tun, sondern sie verantwortungsvoll nutzen.Wir Politiker/innen haben auf den ersten Blick nicht nur für diese Rubrik, sondern für vier Jahre eine ‚Carte blanche’. Puh, diese Verantwortungslast muss einmal verdaut werden...

Kein Wunder schlägt der Bescheid, man sei gewählt, hie und da auf den Magen! Auf den zweiten Blick sind wir doch nicht ganz so frei. Wir haben uns schon im Voraus mit der Wahl einer Partei / einer Fraktion Grenzen gesetzt. Diese Biotope schränken mehr oder weniger ein und lassen Neulinge auf unterschiedlichste Weise und von verschiedenen Ufern aus erste Schwimmerfahrungen im offenen Gewässer machen.

Ebenso sollten die im Vorfeld von Wahlen gern benutzten und leicht zugänglichen Statements, Schlagworte und Slogans eine Richtschnur bilden. Diese reduzieren Schwerpunkte und Inhalte einer Person / Partei auf kernige Aussagen. Oft eingängig, aber  kaum konkret. Im politischen Alltag gilt es, die komprimierten Inhalte wieder fassbar werden zu lassen.

Beim Landratswahlkampf hatte die EVP z.B. den Slogan ‚Wir hören Ihnen zu’. Das Zuhören braucht nun im Alltag zwar viel Zeit, und damit ist noch nichts Konkretes umgesetzt – aber immerhin ein erster guter Schritt getan! Wir EVP-Kantons-Parlamentarier/innen haben überlegt, was der weitere EVP-Slogan ‚Gerechtigkeit – Nachhaltigkeit – Menschenwürde’ aus diesem Wahlherbst für unsere Handhabe mit der Finanzstrategie und den dazu eingereichten Budgetpostulaten bedeuten. Was nehmen wir zähneknirschend hin (sparen ist nie toll), welche Massnahmen unterstützen und gegen welche opponieren wir?

Nachfolgend ein Ausschnitt: Wir bejahen einen Budgetposten, um den Landrat endgültig auf einen papierlosen Betrieb umzustellen. Der Nachhaltigkeitsaspekt soll aber nicht nur der Natur, sondern auch den Finanzen gelten. Bei einigen Sparvorlagen sehen wir leider nur kurzfristige Entlastungen, weil dafür andernorts verzögert Kosten steigen werden. Daher setzen wir uns für die Beibehaltung diverser Präventionsaufgaben ein, u.a. die der Verkehrs- und Zahnputzinstruktionen oder der Neophytenbekämpfung.

Aus obigen Gründen und unter dem Aspekt der Menschenwürde wollen wir das Engagement des Kantons in den Bereichen Alkoholprävention (mittels Leistungsauftrag an das Blaue Kreuz) und Prämienverbilligungen der Krankenkasse für die Ärmsten unter uns weiterhin gesichert wissen.

Last but not least erachten wir es im Sinne der Gerechtigkeit nicht in Ordnung, wenn per Leistungsauftrag bis ins Jahre 2017 gemachte Zusicherungen an Organisationen wie z.B. die Frauenoase oder Aidshilfe ganz gestrichen werden. Wir sehen Sparbedarf und wollen ihn dort tätigen, wo er möglichst geringe Langzeitschäden anrichtet (z.B. vorübergehende Einschränkungen bei Volontariatsstellen, im Wahlfachbereich am Gym oder bei Beiträgen an Betriebsanlässe). Es gilt aber auch, zusätzliche Einnahmequellen (z.B. durch Erhöhung von Stellenprozenten  im Steuerrevisor-Bereich) zu erschliessen.

Ich hoffe, Sie erkennen die Slogans wieder!