Plei­ten, Pech und Pan­nen

Plei­ten, Pech und Pan­nen

„Carte blan­che“ der Volksstimme vom 14. Dezember 2021

Peter Gröflin, Gemeindepräsident Gelterkinden

Plei­ten, Pech und Pan­nen. Sind Sie schon so alt (wie ich), dass Sie die­sen Titel noch mit die­ser Heimvideo-Fernsehsendung oder mit den von ihr inspi­rier­ten Sen­de­for­ma­ten in Ver­bin­dung brin­gen? Bei die­ser Sen­dung konn­ten sich die Zuschaue­rin­nen und Zuschauer Woche für Woche gemüt­lich vom Fern­seh­ses­sel aus an den Miss­ge­schi­cken und manch­mal auch Dumm­hei­ten ande­rer Leute ergöt­zen, die das Pech hat­ten, bei ihren unfrei­wil­lig komi­schen Akti­vi­tä­ten von einer Kamera beob­ach­tet wor­den zu sein. Diese Sendung gibt es schon einige Jahre nicht mehr.

Heute braucht es fürs Festhalten von Filmsequenzen, die die Betroffenen lieber nicht mit der Öffentlichkeit teilen möchten, auch keine Videokamera mehr. Jede Person, die ein Smartphone zückt, ist in der Lage Wichtiges, Spannendes, Skurriles oder schlicht auch völlig Nebensächliches, Unpassendes und Langweiliges für die Nachwelt als Film festzuhalten und über Youtube, Instagram - und wie die Kanäle alle heissen - in der halben oder sogar der ganzen Welt zu verteilen.

Pleiten, Pech und Pannen

Diese Sendung ist schon lange Fernsehgeschichte. Dennoch werden diese drei P-Wörter immer noch mit ungeschickten und dummen Situationen in Verbindung gebracht, über die die Allgemeinheit genüsslich oder vielleicht auch mitleidig den Kopf schütteln kann. Wenn dann auch in der «Volksstimme» ein Artikel mit diesem Titel die Aufmerksamkeit der Leserinnen und Leser auf sich ziehen will, ist etwas vorgefallen, das sich offenbar niemand entgehen lassen sollte.

Eine Gemeindeversammlung ist gelebte direkte Demokratie

Pleiten, Pech und Pannen. Ich bin wohl nicht die richtige Person, um mit einer gewissen Objektivität beurteilen zu wollen und zu können, ob der Volksstimme-Artikel zu recht diesen Titel trug, weil ich leider Teil dieser «Geschichte» rund um die Gelterkinder Gemeindeversammlung von letzter Woche war. Zudem ist meine «Carte blanche» hier nicht der richtige Ort, um zu den verschiedenen kritisierten Punkten nun noch Zahlen, Begründungen oder Rechtfertigungen nachliefern zu wollen. Es ist auch zu spät, verschiedene Entscheidungen des Gemeinderats der letzten Wochen und Monate an dieser Stelle erklären zu wollen. Ich möchte an dieser Stelle nicht als uneinsichtiger Verlierer gelten. Eine Gemeindeversammlung ist gelebte direkte Demokratie. Die Rückweisung des Budgets ist durch einen klaren Mehrheitsentscheid zustande gekommen.

Kurzfristige Belustigung nützt niemandem etwas

Ziel und Zweck der TV-Unterhaltungsendung «Pleiten, Pech und Pannen» war, dass sich das Publikum an den Pleiten, am Pech und an den Pannen der unfreiwilligen Schauspielerinnen und Schauspieler belustigte und sich dann zufrieden wieder dem Alltag zuwandte. Im Falle der in diesen Zusammenhang gerückten Gemeindeversammlung ist es aber wesentlich komplizierter und ernster. Die kurzfristige Belustigung nützt niemandem etwas und hilft in der aktuell schwierigen Situation nicht weiter. Ich wünsche uns allen, dass es uns gelingt, miteinander die bestehenden Herausforderungen zu meistern.

 

 

Aus den Augen, aus dem Sinn zum Zweiten

Aus den Augen, aus dem Sinn zum Zweiten

Carte blanche in der Volksstimme vom 5. Oktober 2021

Sandra Bätscher, Gemeindepräsidentin, EVP, Tenniken

Kein Problem mit Abfalltourismus, aber dann bitte korrekt entsorgen!

Als ich im Juli vor 9 Jah­ren mein Amt als Gemein­de­rä­tin ange­tre­ten habe, waren wir in Ten­ni­ken kurz danach in allen Medien wegen unse­rer Abfall­sam­mel­stelle. Die Ent­sor­gung des Haus­keh­richts mit­tels Con­tai­ner hatte zwar ihre prak­ti­schen Sei­ten, aber der Geruch und die Flie­gen­plage waren nicht tole­rier­bar. In den ver­gan­ge­nen Jah­ren haben wir es zwar wegen ande­rer The­men in die Schlag­zei­len geschafft, aber die Abfall­sam­mel­stelle beschäf­tigt uns noch immer.

Unsere Sammelstelle liegt relativ praktisch in der Nähe zur Hauptstrasse, so dass man auch als auswärtige Person auf der Durchfahrt gut und praktisch seine Abfälle bei uns entsorgen kann. Neben Karton und Papier können auch PET, Haushaltbatterien, Alu, Glas, Kaffeekapseln und Altmetall deponiert werden. Schon in meiner Carte Blanche im März 2018 habe ich geschrieben, dass wir grundsätzlich nichts gegen den sogenannten Abfalltourismus haben, dass wir aber nicht nachvollziehen können, warum nicht korrekt entsorgt wird.

Im PET das Brot entsorgen?

Bei den Kaffeekapseln werden Bierdosen, Glühbirnen oder Haartrockner abgelegt. In der Tonne der Haushaltbatterien findet man grosse Autobatterien, Rasierer, Mixer und auch einmal einen Pürierstab (ein kleiner Hinweis an dieser Stelle: Elektrogeräte kann man kostenlos in allen Läden, die Elektrogeräte verkaufen, gratis zurückgeben. Dies dank der vorgezogenen Entsorgungsgebühr, die Sie beim Kauf des Gerätes schon bezahlt haben). Waschmittel- und Fleischverpackungen werden im PET-Sammelbehälter zusammen mit altem Brot entsorgt und in den Karton und Papiermulden finden sich Plastik, Zementsteine, Holzstöcke, Sportstöcke, Bierdosen (vielleicht weil im Kaffeekapselbehälter grad kein Platz mehr war) und ab und an auch mal alte Unterhosen. Die grössten Überraschungen bietet allerdings die Altmetallmulde. Dort finden sich neben Schultaschen und Inlineskates, alte Autoreifen, Bettgestelle (aus Holz!), Fensterscheiben, Waschmaschinen, Gläser, Tassen und vieles mehr.

Abfallentsorgen nur noch mit Badge

Wir haben immer wieder Hinweise im gemeindeeigenen Mitteilungsblatt veröffentlicht. Sowohl die Gemeindemitarbeiter wie auch die Gemeinderäte waren vor Ort und haben die Leute auf ihr Verhalten angesprochen (die Reaktionen pendelten zwischen Gleichgültigkeit und Aggression). Zudem haben wir eine Kamera installiert. Aber alle diese Massnahmen haben nicht zu einer Verbesserung der Situation geführt. Deshalb hat sich der Gemeinderat nun entschieden, die Abfallsammelstelle mit einem Zaun zu schliessen und ein Badge-System einzuführen. Damit können nur noch Tennikerinnen und Tenniker die Sammelstelle benutzen. Zusätzlich können wir so auch sicherstellen, dass die Abfallsammelstelle nur noch während der Öffnungszeiten benutzt wird. Auch das hat in der Vergangenheit nämlich nicht geklappt, sehr zum Ärger der Anwohner.

Ich bedaure, dass wir diesen Schritt machen müssen, aber offenbar ist der «nach mir die Sintflut»-Mentalität in diesem Fall nicht anders beizukommen.

Steuert der Kanton zu zentralistisch?

Steuert der Kanton zu zentralistisch?

„Carte blan­che“ der Volksstimme vom 24. September 2021

Andrea Heger, Gemeindepräsidentin und Landrätin EVP, Hölstein

«Die Gemeinden fordern mehr Gemeinde-Autonomie und eine Stärkung ihrer Handlungsfreiheit. Der Kanton Basel-Landschaft weist einen hohen Zentralisierungsgrad auf. Dieser ist zu reduzieren. [...] Die Kompetenz zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben ist konsequent auf diejenige staatliche Ebene zu delegieren, welche die Aufgabe bürgernah, bedarfsgerecht, effizient und kostengünstig erbringt. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben ist die Handlungsfreiheit der Gemeinden [...] zu stärken.»

Charta von Muttenz, grösstmögliche Regelungs- und Vollzugsmöglichkeiten für Gemeinden

Bei diesen Zeilen handelt es sich um die erste von vier Forderungen der im Juni 2012 an einer Tagsatzung der Gemeinden verabschiedeten «Charta von Muttenz». Die Gemeinden wollten gegenseitiges Verständnis und Solidarität stärken und bekräftigen, dass sie gemeinsam mit dem Kanton für alle Einwohner*innen optimale Lebensbedingungen schaffen möchten. Das hat 2017 gar zu einem Verfassungsartikel geführt, der den Gemeinden die grösstmögliche Regelungs- und Vollzugsmöglichkeit und somit eine Vielfalt bei der Ausgestaltung der kantonalen Gesetze zubilligt.

Wenn Gemeinden keine Bemühungen zeigen, übernimmt der Kanton das Heft

Darauf abgestützt bearbeiten der Kanton und der Verband Baselbieter Gemeinden (VBLG) seither einige gesetzliche Neuerungen in sogenannten VAGS-Projekten (VAGS = Verfassungsauftrag Gemeindestärkung). Die Gemeinden werden via VBLG-Vertretungen von Anfang mit einbezogen. Die hehre Aufgabe ist sehr anspruchsvoll. Auch Diskussionen im Landrat zeigen: Es ist ein schwieriges Unterfangen, zu bestimmen, was auf welcher Ebene punkto Qualität und Kosteneffizienz am besten verrichtet wird. Immer wieder im Kreuzfeuer stehen z.B. Bildungsfragen. Obwohl die VAGS-Projekte in den Landratsakten so vermerkt sind, bedarf es bei einigen Mitgliedern mehr Wertschätzung der Arbeit auf Gemeindeebene. Ich denke hier unter anderem an Voten bei der soeben behandelten Gesetzesänderungen über Grundwasserschutzzonen. Einige rüffelten die Gemeinden, weil noch nicht alle Grundwasserschutzzonen gemäss der vor 20 Jahren geänderten Bundesbestimmungen ausgeschieden sind. Sie forderten klare Übersteuerung von Kantonsseite. Der Prozess auf Gemeindeebene wiederum ist eine enorme demokratische Herausforderung. Es ist natürlich schwierig, jemanden zu überzeugen, Einschränkungen der bisherigen Landnutzung zuzustimmen. Der Landratskompromiss besteht nun darin, dass der Kanton nur dann – auf Gemeindekosten – das Heft übernimmt, wenn Gemeinden gar kein Bemühen zeigen.   

Fonds für Abstimmungskampagnen

Dass wir nach wie vor eine sinnvolle Balance zwischen Kanton und Gemeinden suchen, zeigt auch die VBLG-Generalversammlung dieser Woche. Die Schaffung eines Fonds für Abstimmungskampagnen soll ermöglichen, dass der VBLG bei namhafter Betroffenheit einer Mehrheit der Gemeinden und derer Bevölkerungszahl via Abstimmungskampagnen interveniert. Eine andere Art, zu zentralistisch empfundene Kantonsregierungen auszugleichen zeigte eine interparlamentarische Tagung auf: Nebst mehr Volksinitiativen engagieren sich auch gerne Gemeindepolitiker*innen auf Kantonsebene. So gesehen leiste ich mit meinen zwei Hüten auch einen Beitrag zu mehr Balance. 

 

Manchmal wünsche ich mir mehr Gelassenheit

Manchmal wünsche ich mir mehr Gelassenheit

„Carte blan­che“ der Volksstimme vom 9. September 2021

Peter Gröflin, Gemeindepräsident Gelterlinden

Es ist heut­zu­tage schwie­rig etwas zu schrei­ben, ohne damit post­wen­dend nega­tive Reak­tio­nen und Kom­men­tare aus­zu­lö­sen. Damit will ich nicht in die immer wie­der ver­brei­tete Klage ein­stim­men, dass man nichts mehr sagen darf in unse­rem Land. Ganz und gar nicht. Nein, sagen und schrei­ben darf man in der Schweiz vie­les, wenn nicht sogar fast alles.

Mäjestätsbeleidigung

So kennen wir bezeichnenderweise in unserem Land auch nicht den Tatbestand der Majestätsbeleidigung, solange es die «Majestäten» im eigenen Land betrifft. Bundesrätinnen, Landratspräsidentinnen, Regierungsräte und Stadtpräsidenten: Sie alle geniessen nicht mehr Schutz vor beleidigenden, ehrverletzenden Aussagen oder sonstigen verbalen Angriffen, als jede andere Einwohnerin und jeder andere Einwohner in unserem Land. Das ist auch gut so. Jeder Person darf offen und ehrlich die Meinung gesagt werden. Jede Person verdient aber auch den gleichen Schutz vor Beleidigungen und Unwahrheiten.

Reizworte lösen Orkane aus

Wie schon gesagt: Sagen und schreiben darf man vieles. Nur scheint es mir, dass immer weniger davon auch verstanden wird. Oder liegt es sogar daran, dass sich viele Leserinnen und Leser gar nicht mehr die nötige Zeit nehmen, um verstehen zu können, was andere sagen? Das kann man immer wieder in Leserbriefen, die auf einen vorangegangenen Leserbrief reagieren, beobachten. Oft war da ein einzelner Satz oder ein Reizwort, das die Reaktion auslöste und die Aussagen des übrigen Textes verschwinden liess. Noch ausgeprägter begegnet das einem aber in den sozialen Medien und den Kommentarspalten der Onlinemedien.

Aus einer Mücke einen Elefanten machen

So kann auf Facebook ein unverfänglicher Post von jemandem, der sich über einen sonnigen Tag freut, in einer ausgewachsenen Diskussion über die Solarenergie, Gefahren von instabilen Stromnetzen und ob es falsch ist, die Kernkraftwerke abzuschalten, enden. In der Sport-App führt eine freudige Gratulation zu einer olympischen Goldmedaille zu Kommentaren mit pauschalen Dopingverdächtigungen und den Mutmassungen, dass das Podest sowieso von den Sponsoren diktiert worden sei. Mit einem Tweet über ein Konzert im Dorf steckst du plötzlich in den tiefsten Diskussionen über die Corona-Strategie des Bundesrates, virologischen und pharmazeutischen Grundsatzfragen und welche Rolle Bill Gates dabei spielt.

Probiers mal mit Gemütlichkeit - wie Balu und Mogli

Manchmal wünsche ich mir einfach mehr Gelassenheit. Wir haben die wunderbare Freiheit, sagen und schreiben zu dürfen, was uns auf der Seele brennt. Über die sozialen Medien haben wir zudem die Möglichkeit, unsere Freude, unsere Enttäuschung und vielleicht auch unseren Ärger über Wichtiges, genauso aber auch über Belangloses innert Sekunden einem mehr oder weniger grossen Kreis mitzuteilen. Als Lesender habe ich aber auch die Freiheit, eine persönliche Aussage einfach mal so stehen zu lassen. Ihr vielleicht auch die Möglichkeit zu geben, dass sie sich mir in einem zweiten Anlauf erschliesst – oder dann halt nicht. Die Welt wird deshalb nicht untergehen.

Peter Gröflin, Gemeindepräsident Gelterkinden EVP BL

Was lange währt, …..

Was lange währt, …..

Carte blanche in der Volksstimme vom 31. Mai 2021

Sandra Bätscher, Gemeindepräsidentin, EVP, Tenniken

Am Mon­tag­nach­mit­tag fand in Ten­ni­ken der Spa­ten­stich für die Erneue­rung des Reit­plat­zes Wei­er­matt statt. Nun kön­nen die Bau­ar­bei­ten end­lich in Angriff genom­men wer­den. Damit geht eine lange Geschichte end­lich gut zu Ende.

Viele Hürden mussten genommen werden

Seit 1974 betreibt der Reiterclub Sissach in Tenniken im Gebiet Weitermatt eine kleine Reitsportanlage. Diese besteht im Moment noch aus einem Sandplatz und einer grösseren Wiesenfläche, welche allerdings nur beim jährlichen Concours beansprucht wird. Das Problem war, dass sich die Reitsportanlage in der Landwirtschaftszone befand. Der Reiterclub wollte den Sandplatz schon seit Jahren sanieren und auf Turniergrösse erweitern. Damit das Baugesuch eingereicht werden konnte, musste die Anlage aber zuerst in eine geeignete Zone überführt werden. Eine Einzonung am bestehenden Ort kam aus verschiedenen Gründen nicht in Frage, weshalb man den Reitplatz 2009 im Rahmen des neuen kommunalen Richtplanes in das Gebiet Lammet auf der rechten Talseite zwischen Tenniken und Diegten verlegte. Leider hielt die Freude über die gefundene und vom Kanton bewilligte Lösung nicht lange an. Denn dieser Teil des Richtplanes wurde auf Bundesebene nicht genehmigt, da der Reitplatz der vom Bund geplanten Wildtierüberführung in die Quere kam.

Dank alten Luftaufnahmen zu neuem Reitplatz

2016 kam der Reiterclub wieder auf den Gemeinderat zu. Inzwischen war das Anliegen noch dringlicher geworden. Die zwei Mal jährlich stattfindenden Concours (Sissach und Tenniken) fanden nicht mehr so grossen Anklang, da diese auf Wiesen stattfanden. Dieser Untergrund war je nach Witterung mit grosser Sturzgefahr verbunden und fand auch bei guten Bedingungen immer weniger Zuspruch. Zudem war die Parkierung in Sissach nicht mehr sichergestellt. Es musste also eine Lösung her und zwar besser heute als Morgen. Denn der Verein ist auf die Einnahmen aus den Turnieren angewiesen. Beim neuerlichen Anlauf wollten wir den Reitplatz am bestehenden Ort belassen, dazu musste zuerst einmal bewiesen werden, dass es diesen schon seit 1974 und nicht erst seit 1990, wie vom BUD angenommen, gab. Zum Glück haben wir noch ein paar alte Luftaufnahmen aus den Jahren 1970 und 1976 im Archiv gefunden, auf denen klar zu erkennen war, dass der Reitplatz in dieser Zeit erstellt wurde, noch vor Entstehung des ersten Raumplanungsgesetzes. Dann musste dargelegt werden, dass es keine andere Parzelle gibt, die geeignet ist, sei es wegen der geplanten Wildtierbrücke oder weil geeignete Grundstücke in bestehenden Gewässerschutzzonen liegen. Natürlich musste auch der Bedarf eines solchen Platzes nachgewiesen und noch zwei, drei andere Hürden überwunden werden, bis dann die Gemeindeversammlung im November 2018 der Mutation zur Spezialzone zustimmte und der Regierungsrat die Mutation im Juni 2019 genehmigte.

Wir sind froh, dass wir damit die Grundlagen für den Fortbestand des Reiterclubs schaffen konnten und die Anlage nach mehr als 15 Jahren nun erneuert werden kann. Wann die Wildtierbrücke kommt, steht in den Sternen.

Sandra Bätscher, Gemeindepräsidentin, EVP, Tenniken

Immunität oder Resilienz?

Immunität oder Resilienz?

„Carte blan­che“ der Volksstimme vom 4. Mai 2021

Charlotte Gaugler, Gemein­de­prä­si­den­tin, EVP, Lampenberg

„Humor ist das Immunsystem des Geistes.“

Erhard Blanck hat dies als Heilpraktiker schon in den 30er Jahren erkannt. Auf der einen Seite das körperliche Immunsystem als Abwehr von Bakterien und Viren, welches derzeit „on Top“ der Gesprächsthemen ist. Auf der anderen Seite das Thema Resilienz, welches als Abwehr des Geistes mit verschiedenen „Stärken“ unsere Seele schützt und mir persönlich für ein reiches Leben fast wichtiger erscheint.

„Was mich nicht umbringt, macht mich stärker“, erscheint er uns zwar abgegriffen, ist aber im Grunde eine einfache Erläuterung von Immunität und Resilienz. Beides sind Mechanismen, die das Belastende für Körper und Seele vom Menschen abwehren und gleichzeitig Stärke aufbauen.

Kennen Sie Menschen, die auch in stressigen, schwierigen Situationen gelassen bleiben, den Überblick behalten, unter grossem Druck ihre Leistungsfähigkeit behalten und persönliche Angriffe mit scheinbarer Leichtigkeit wegstecken? Solche Menschen beherrschen die Fähigkeit der Resilienz, eine Kraft, die das Leben lehrt. Resiliente Menschen sind keine Supermenschen, sondern solche, die ihre Resilienz im Laufe des Lebens erlernt und erfahren haben. Im Gegensatz zum Immunsystem ist die Resilienz grossen Teils erlernbar und man kann es trainieren.

Wir wissen: Für ein gesundes körperliches Immunsystem kann ich mit ausgewogener, gesunder Ernährung, Bewegung an der frischen Luft, genügend Schlaf und einem massvollen Leben ganz viel tun.

Für eine gesunde psychische Resilienz kann ich lernen: Dinge sachlich zu betrachten und nicht persönlich zu nehmen; Dinge loszulassen, die ich aktuell nicht ändern kann oder prüfen ob sie wichtig sind; mich auf den unmittelbaren Moment zu konzentrieren; Fehler bei mir und anderen zu akzeptieren und zu vergeben; positive Seiten in allen Dingen und Situationen zu sehen; dass Humor mich in allen Lebenslagen unterstützt; flexibel zu werden und verschiedene Betrachtungsweisen als bereichernd anzusehen; zu geniessen was ich erlebe. Zugegeben es tönt in dieser Aufzählung sehr einfach, ist aber eine Herausforderung, die es wert ist und einem selbst den höchstmöglichen Gewinn bringt.

Wie wir sehen, hangen Immunität und Resilienz zusammen. Ein Mensch mit einer gesunden Resilienz kennt wenig bis keine Ängste, weil er vertraut, loslässt und dies stärkt wiederum sein Immunsystem. Ein Mensch mit einer gesunden Resilienz lacht viel und auch über sich selbst.

Gesundheit ist unser höchstes Gut. Die Körperliche wie die Seelische. Explizit in dieser Zeit, trotz Zivilisation und Überfluss, oder vielleicht gerade deswegen, dürfen und können wir noch viel mehr Verantwortung für unser Wohlbefinden wahrnehmen.  Das Schöne daran ist, wir müssen nicht alleine diesen Weg gehen, wir sind alle ein Teil dieser Schöpfung und unserer Naturgesetze. Wenn wir uns im Üben einer gesunden Resilienz gegenseitig unterstützen und motivieren, ist es, wie wenn wir uns gegenseitig ein gesundes, delikates Essen servieren. Und das tun wir ja meistens mit Vergnügen.

 

 

Nein zu Hü und Hott in der Bildung

Nein zu Hü und Hott in der Bildung

„Carte blan­che“ der Volksstimme vom 9. Februar 2021

Andrea Heger, Gemeindepräsidentin und Landrätin EVP, Hölstein

In diesen Tagen flattern für die Abstimmungen vom 7. März dicke Couverts in die Briefkästen. Es stehen je drei Fragen auf nationaler und kantonaler Ebene an. Die mit teils starken Emotionen verbundenen nationalen Themen sind bereits im Fokus der Öffentlichkeit. Doch auch die kantonalen Vorlagen sind es wert, beachtet zu werden. Daher widme ich diese Zeilen einem meiner Herzensthemen: der Bildung.

Die «Starke Schule beider Basel» will mit der Initiative «Die gigantische und unerfüllbare Anzahl von 3'500 Kompetenzbeschreibungen in den Lehrplänen auf ein vernünftiges Mass reduzieren» und die Beschreibungen in den Lehrplänen für die Primar- und Sekundarstufen zusammengezählt auf 1'000 kürzen. Zudem wird verlangt, dass die Kompetenzbeschreibungen pro Fach und Schuljahr mit klar formulierten Stofflehrplänen und Themen ergänzt werden. Dazu sollen für die Sekundarstufe I die Anforderungsniveaus differenziert und auf die Inhalte und Anforderungen der beruflichen Grundbildung, der Fachmittelschule und des Gymnasiums abgestimmt werden.

Das Anliegen geht auf Unzufriedenheit mit dem schweizweit harmonisierten Lehrplan 21 zurück. Die Starke Schule reichte damals die formulierte Gesetzesinitiative «Ja zu Lehrplänen mit klar definierten Stoffinhalten und Themen» ein. Daraufhin wurde ein Gegenvorschlag erarbeitet. Dieser ergänzte den Lehrplan mit einem zweiten, quasi parallelen Lehrplanteil mit Grobzielen, Stoffhinhalten und Themen. Die Lehrpersonen können seither selbst entscheiden, mit welchem der beiden Teile sie arbeiten. Diese Wahlmöglichkeit ist in der Schweiz bisher einzigartig. Der Lehrplan wurde aufgrund der damaligen Auseinandersetzungen zudem bereits um Differenzierungen nach Jahrgang und Leistungsniveaus ergänzt. Das Volk nahm diesen Gegenvorschlag im Juni 2018 mit über 84% an.

Seit Inkraftsetzung existiert ein umfangreiches Rückmeldeverfahren, welches Anregungen aus der Praxis aufnimmt und den Lehrplan in eine überarbeitete, verbesserte Form bringen will. Zwei der drei Rückmeldeschlaufen haben bereits stattgefunden. Der definitive Sek-Lehrplan wird auf das Schuljahr 22/23 umgesetzt. Danach ist das gleiche Vorgehen für die Primarstufe geplant. Bis auf die konkrete Beschränkung auf 1000 Kompetenzen sind die Anliegen der neuen Initiative also bereits umgesetzt oder im Prozess dazu.

Die Initiative muss dennoch verworfen werden, da sie grosse Probleme verursacht. Einerseits ist die Beschränkung auf 1000 Ziele aktuell nicht umsetzbar. Dies wegen der Harmonisierung und dem Aufbau über die insgesamt 11 Schuljahre. Andererseits würde der laufende Überarbeitungsprozess abrupt beendet, Verbesserungen verzögert und rund CHF 2.3 Mio. an Vorarbeit in Sand gesetzt. Die Starke Schule produziert hier ein Gstürm, will bestehende Handlungsfreiräume einschränken und frustriert mit ihrem Hü und Hott viele am Verbesserungsprozess Beteiligte. Sie torpediert zudem ihr eigenes Ziel, welches sie mit der Wahl von Monica Gschwind in den Regierungsrat verfolgte: Mehr Ruhe in der Bildungslandschaft.

 

Milizpolitik – woher kommst du – wohin gehst du?

Milizpolitik – woher kommst du – wohin gehst du?

„Carte blan­che“ der Volksstimme vom 21. Januar 2021

Charlotte Gaugler, Gemein­de­prä­si­den­tin, EVP, Lampenberg

«Und bei genauem Hinsehen ahnt man: Hinter der Verteidigung des Milizsystems steht eigentlich der unerschütterliche Glaube an die Kraft des Gewurstels».

Dieser Satz aus der Zeitschrift «Die Zeit» hat mich amüsiert und zugleich auch nachdenklich gestimmt. Per Definition ist Miliz (lat. Militia) ein Ausdruck aus dem Kriegswesen und ist eigentlich die Bezeichnung für Bürgerwehr, bzw. Volksheer im Gegensatz zum Begriff «Berufsheer». Ein Blick in die weitere Vergangenheit zeigt uns, dass die Milizarbeit, ob gänzlich ehrenamtlich oder entschädigt, eine lange Tradition hat. Es schien grundsätzlich Ehre und Pflicht, sobald man stimmberechtigt war, sich im Verein, für die Gemeinde oder die Gemeinschaft zu engagieren.

Heute hat diese «Volksaufgabe» sich nicht nur gewandelt, sondern einen zusätzlichen Touch erhalten. Frau und Mann engagiert sich, wenn überhaupt, vermehrt im Zusammenhang mit Ideologien, Haltungen und Gruppierungen. Was zur Folge hat, dass die ganz «banalen» Ämter in Gemeinden und Vereinen eher als nicht so erstrebenswerte Aufgabe erscheinen. Auch die Ehre aus der Vergangenheit ein solches Amt inne zu haben, ist verdunstet und einer erhöhten Kritikbereitschaft gewichen. Zudem sind die Menschen in unseren Breitegraden aus verschiedenen Gründen vermehrt mit sich selber beschäftigt. Ich möchte keinesfalls moralisieren oder jammern, ich beobachte die Entwicklung.

In der legislativen Politik hat sich, meiner Wahrnehmung nach, der Trend entwickelt, durch Hyperaktivität auf sich aufmerksam zu machen und mit Interpellationen und Motionen eine wahre Bearbeitungsflut in die Executive zu spülen, was mitverantwortlich zu sein scheint, die Politik unnötig träge und teuer zu machen. Es lebe der Dauer-Wahlkampf!

Zeitgleich nennt sich ein immer grösser werdender Anteil Bevölkerung «unpolitisch», was ich grundsätzlich als legitim erachte, sich jedoch in der Meinungsbildung, sprich in den Stimm- und Wahlbeteiligungen sowie den Resultaten niederschlägt. Soviel zum Privileg in einer Demokratie zu leben.

So wird die Milizpolitik immer öfter in Frage gestellt. Unabhängigkeit von Lobby und Partei!? Kann man Politik wirklich gänzlich «professionalisieren»?  

Die Milizarbeit beinhaltet in meinen Augen mehr als ein Neben- oder Ehrenamt im Sinne der gemeinnützigen Arbeit. Sie weist auf die Identität hin, die – falls verinnerlicht – eine der wichtigsten Stützen unserer schweizerischen politischen Kultur darstellt. Das Milizprinzip ist bis heute nachhaltig in der politischen Kultur der Schweiz verankert und eng mit der direkten Demokratie verknüpft.

Trotzdem wäre meines Erachtens dringend zu beachten: Weniger ist mehr!  Vermehrt gründlich überlegen und recherchieren, bevor Aktionen gestartet werden, die einen riesigen Aufwand in der Bearbeitung und minimalen, wenn überhaupt, Effekt, für die Bevölkerung haben. Wie zum Beispiel eine Befragung der Mitglieder der seit diesem Jahr neu gestarteten Versorgungsregionen Alter über den bisherigen Verlauf und die Erreichung der gesetzlichen Ziele, in dem gerade mal 20 Tage alten Jahr…

Wer lacht, hat noch Reserven

Wer lacht, hat noch Reserven

Carte blanche in der Volksstimme vom 11. Januar 2021

Sandra Bätscher, Gemeindepräsidentin, EVP, Tenniken

Meine Jungs haben eine Anleitung zum digitalen Orientierungstag zur Vorbereitung auf die Rekrutierung erhalten. Ich bin ja gespannt, wie gut das nächsten Dienstag funktioniert. Bekannterweise mussten die neuen Rekruten im Januar via Homeoffice in die Rekrutenschule einrücken. Eine Freundin meinte, sie sei sich nicht ganz sicher, ob und was ihr Sohn da lerne. Unter anderem hätte man den jungen Männern und Frauen Turnübungen für zu Hause aufgegeben, die sie an das Skiturnen mit Jack Günthard und Bernhard Russi in den 80er Jahren erinnere.

Um Kontakte zu reduzieren sind wir alle wieder auf elektronische Kommunikationsmittel umgestiegen. Was einerseits zu Unsicherheit und Stress führen kann, weil die Benutzer Angst haben vor der neuen Technik. Wo schaltet man die Kamera ein und das Mikrofon aus? Was mache ich, wenn ich die anderen Teilnehmer zwar höre, aber nicht sehe und umgekehrt? So ist es mir auch schon passiert, dass ich während einer Zoom-Sitzung mit einem Teilnehmer via Handy verbunden war, weil er sich nicht in die Sitzung einwählen konnte und ich seine Meinung so in die Diskussion einbrachte. Lustig sind natürlich die Geschichten, wenn plötzlich die Kinder in die Sitzung reinplatzen oder der Hund auch mitreden will. Dass gute Kleidung auch in Zeiten von Homeoffice hilfreich ist, haben Sie wahrscheinlich alle schon erlebt oder gesehen. Wenn nicht, auf Youtube finden Sie unter «Zoom Fails» unzählige Beispiele. Da eröffnen sich einem plötzlich ganz neue Perspektiven.

Aber es kann ja nicht alles via Zoom erledigt werden. Das haben wir in den letzten Wochen gemerkt, als es plötzlich zu ungeahnten Mengen an Schnee auf unsere Strassen kam. Auch hier gilt: «Allen Leuten Recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann.» Kommt dazu, dass sich die Schneeräumung des Kantons und der Gemeinden wohl an mehr als einem Ort gegenseitig den Schnee zu schaufelten. Sehr zum Unmut der betroffenen Hausbesitzer. Das ging sogar soweit, dass es Gemeindepräsidenten gab, die selber beherzt zur Schaufel griffen und der betroffenen Person den Vorplatz räumten. Auch die Feuerwehr kam in letzter Zeit öfters zum Einsatz. Allerdings handelte es sich zum Glück immer um Einsätze im Zusammenhang mit Ölverlust und nicht um Brände. Wäre ich eine Verschwörungstheoretikerin, hätte ich wahrscheinlich eine Erklärung, warum es gerade jetzt gehäuft zu solchen Vorfällen kommt. Aber ich verstehe ja schon nicht, wieso Superreiche in den Thurgau fliegen, um sich vor allen anderen impfen zu lassen, wenn es doch ihr Plan war, die Welt mit diesem Virus zu infizieren, damit sie nachher alle impfen und chippen können.

Ich für meinen Teil, werde wohl auch die nächsten Wochen viel Zeit vor dem PC verbringen. Die persönlichen Kontakte vermisse ich sehr, ich nehme an, da geht es Ihnen ähnlich. Und was das Arbeiten am Computer angeht, das ist wie U-Boot fahren: Wenn man ein Fenster aufmacht, fangen die Probleme an.